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Brief an die Aktionäre

2022_Brief_Aktionaere_HFB22

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

die DZ BANK Gruppe verzeichnete im 1. Halbjahr 2022 eine gute Geschäftsentwicklung und erzielte mit 1,14 Milliarden Euro vor Steuern (1. Halbjahr 2021: 1,83 Milliarden Euro) ein erfreuliches Ergebnis. Das Fundament dafür bilden unser breit aufgestelltes Geschäftsmodell und die enge Zusammenarbeit innerhalb der genossenschaftlichen FinanzGruppe.

 

Wir haben dieses Ergebnis unter denkbar anspruchsvollen Rahmenbedingungen erreicht. Zu den fortdauernden Belastungen der Corona-Pandemie kam Anfang des Jahres ein Krieg in der Mitte Europas, der das politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben seitdem prägt. Uns erschüttert der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und das Leid, das er verursacht, zutiefst. Wir werden Zeugen eines Zivilisationsbruches.

 

„Die DZ BANK Gruppe verzeichnete im 1. Halbjahr 2022 eine gute Geschäftsentwicklung und erzielte mit 1,14 Milliarden Euro vor Steuern ein erfreuliches Ergebnis. Das Fundament dafür bilden unser breit aufgestelltes Geschäftsmodell und die enge Zusammenarbeit innerhalb der genossenschaftlichen FinanzGruppe.“

 

Es ist bereits die zweite Krise in sehr kurzer Zeit, in der die Finanzwirtschaft substanzielle Beiträge zu deren Bewältigung zu leisten hat. So nehmen wir eine wichtige Rolle bei der Um- und Durchsetzung der Sanktionen gegen Russland ein. Gleichzeitig sind wir bei der Unterstützung unserer Kunden in dieser wirtschaftlichen Lage besonders gefordert. Denn im Verlauf des 1. Halbjahres hat sich der wirtschaftliche Ausblick stark eingetrübt: Angesichts einer sprunghaft gestiegenen Inflation, maßgeblich getrieben durch die Energie-, Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise, weiterhin gestörter Lieferketten sowie Rezessionssorgen ist die deutsche Wirtschaft in eine Stagflation gerutscht. Auch die positive Dynamik an den Kapitalmärkten fand Anfang des Jahres ein abruptes Ende. Mit einem schnellen Anstieg der Anleiherenditen brachte die grundsätzlich zu begrüßende Zinswende die Aktienmärkte zunächst unter Druck.

 

Ungeachtet dieser Herausforderungen war das 1. Halbjahr 2022 in der DZ BANK Gruppe durch eine gute operative Entwicklung in allen Geschäftsfeldern sowie eine weiterhin unauffällige Risikosituation geprägt. Insbesondere die Banken innerhalb der DZ BANK Gruppe leisteten einen hohen Ergebnisbeitrag. Die DZ BANK - Verbund und Geschäftsbank verzeichnete eine sehr starke Nachfrage im Kundengeschäft. Bei den Firmenkunden wiesen das Kreditvolumen sowie das Cross Selling einen deutlichen Anstieg auf. Auch das Transaction Banking entwickelte sich im ersten Halbjahr positiv. Das Kapitalmarktgeschäft zeigte sich trotz Zinswende vor allem im Geschäft mit Privatkunden bei Anlagezertifikaten und im Brokerage stark. Die DZ HYP wies bei erfreulichem Kundengeschäft und solider Risikosituation ebenfalls ein sehr gutes Ergebnis aus. Bei der Union Investment blieb der Absatz auf hohem Niveau. Die R+V Versicherung verzeichnete ein lebhaftes Kundengeschäft mit einem guten Beitragswachstum. Gleichwohl führte die Entwicklung an den Finanzmärkten zu einem deutlichen Rückgang im Kapitalanlageergebnis der R+V Versicherung.

 

Diese Ergebnisse sind Ausdruck des großen Engagements unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dafür sprechen wir ihnen im Namen des gesamten Vorstandes unseren Dank und unsere Anerkennung aus.

„Es ist bereits die zweite Krise in sehr kurzer Zeit, in der die Finanzwirtschaft substanzielle Beiträge zu deren Bewältigung zu leisten hat. So nehmen wir eine wichtige Rolle bei der Um- und Durchsetzung der Sanktionen gegen Russland ein. Gleichzeitig sind wir bei der Unterstützung unserer Kunden in dieser wirtschaftlichen Lage besonders gefordert.“

 

Die wesentlichen Ergebnisse im Einzelnen:

 

Der Zinsüberschuss der DZ BANK Gruppe lag mit 1,48 Milliarden Euro leicht über dem Niveau des Vorjahres (1. Halbjahr 2021: 1,38 Milliarden Euro). Maßgeblich hierfür war der Anstieg bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall, bei der DZ HYP und im Firmenkundengeschäft der Verbund- und Geschäftsbank. Der Provisionsüberschuss war hingegen mit 1,36 Milliarden Euro (1. Halbjahr 2021: 1,60 Milliarden Euro) rückläufig. Dies ist insbesondere auf die Union Investment mit einem erwartungsgemäßen Rückgang der performance-abhängigen Komponenten sowie den Rückgängen am Aktienmarkt zurückzuführen. Das Handelsergebnis stieg bei guter operativer Entwicklung auch aufgrund IFRS-bedingter Bewertungseffekte bei der Verbund- und Geschäftsbank deutlich auf 359 Millionen Euro (1. Halbjahr 2021: 6 Millionen Euro). Das Ergebnis aus Finanzanlagen ging auf minus 53 Millionen Euro (1. Halbjahr 2021: 37 Millionen Euro) zurück. Grund hierfür waren geringere Ergebnisse aus der Veräußerung von Schuldverschreibungen bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall sowie von Eigenanlagen der Union Investment. Das Sonstige Bewertungsergebnis aus Finanzinstrumenten lag bei 105 Millionen Euro (1. Halbjahr 2021: 234 Millionen Euro). Der Rückgang ist maßgeblich auf negative Veränderungen der bewerteten Garantieversprechen sowie der Eigenanlagen bei der Union Investment zurückzuführen. Infolge der Turbulenzen an den Finanzmärkten und dem damit verbundenen Rückgang im Kapitalanlageergebnis der R+V Versicherung fiel das Ergebnis aus dem Versicherungsgeschäft – auch rechnungslegungsbedingt – auf 25 Millionen Euro (1. Halbjahr 2021: 522 Millionen Euro). Die Risikovorsorge bewegt sich mit Nettozuführungen in Höhe von 60 Millionen Euro (1. Halbjahr 2021: Nettoauflösung von 114 Millionen Euro) auf einem niedrigen Niveau. Die Verwaltungsaufwendungen nahmen unter anderem infolge steigender Beiträge zur Bankenabgabe und zur genossenschaftlichen Sicherungseinrichtung auf 2,24 Milliarden Euro (1. Halbjahr 2021: 2,14 Milliarden Euro) zu.

 

Die Kapitalausstattung der DZ BANK Gruppe ist weiterhin gut. Die harte Kernkapitalquote ist zum 30.06.2022 auf 13,3 Prozent (31.12.2021: 15,3 Prozent) gesunken. Maßgeblich für diesen Rückgang sind insbesondere temporäre Bilanzierungseffekte bei der R+V Versicherung. Der DZ BANK Gruppe angehörend muss die R+V Versicherung ihre Aktivseite bereits gemäß IFRS 9 marktwertnah bewerten. Die Passivseite und damit die Verpflichtungen gegenüber den Versicherungsnehmern werden erst mit der Umstellung auf IFRS 17 im nächsten Jahr analog behandelt. Dies führt zum Ausweis eines technischen Zinsänderungsrisikos, das aufgrund des starken Zinsanstiegs in der Berichtsperiode temporär wirksam geworden ist. Daraus ergibt sich zum Halbjahr ein negativer Ergebnisbeitrag und ein deutlich rückläufiger Beitrag zur Kapitalquote. Entsprechend gegenläufige Effekte erwarten wir durch die Einführung von IFRS 17 für die Passivseite der R+V Versicherung im Geschäftsjahr 2023.

 

Zweifelsohne hat der Krieg in der Ukraine das wirtschaftliche Umfeld, in dem Banken und ihre Kunden aus der Realwirtschaft agieren, stark verändert. Die Vielzahl an komplexen Faktoren und deren Zusammenspiel bergen hohes Risikopotenzial für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung weit über die Grenzen Europas hinaus. Für das zweite Halbjahr rechnen wir daher mit weiterhin sehr angespannten Rahmenbedingungen. Aktuell gehen unsere Volkswirte für das Gesamtjahr 2022 nur noch von einem Wachstum der deutschen Wirtschaft in Höhe von 1,3 Prozent aus – nachdem die Erwartungen zu Jahresbeginn mit 3,2 Prozent noch deutlichoptimistischer waren. Angesichts der Unsicherheiten insbesondere mit Blick auf die Energieversorgung in Deutschland und Europa sowie die sich verstärkenden Belastungen für die Unternehmen gehen wir derzeit von einem Ergebnis der DZ BANK Gruppe im Geschäftsjahr 2022 am unteren Ende unserer nachhaltigen Ergebnisspanne von 1,5 – 2,0 Milliarden Euro aus.

 

 

„Diese stabile Ausgangsbasis erlaubt es uns, gleichzeitig auch an den Dekadenthemen unserer Gesellschaft aktiv mitzuwirken. Dazu gehört an erster Stelle die Dekarbonisierung der Wirtschaft: Die Transformationsbegleitung unserer Kunden ist dabei unsere vornehmlichste Aufgabe als Finanzinstitut.“

In diesem herausfordernden Umfeld stehen wir als Partner an der Seite unserer Kunden und sind mit ihnen im permanenten Austausch. Wir unterstützen mit zusätzlicher Liquidität, um gestiegene Energie- und Rohstoffpreise zu meistern, Lieferketten abzusichern und notwendige Investitionen in die Zukunftsfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle zu tätigen. Die DZ BANK Gruppe kann diese Unterstützung aus einer Position der Stärke heraus leisten.

 

Diese stabile Ausgangsbasis erlaubt es uns, gleichzeitig auch an den Dekadenthemen unserer Gesellschaft aktiv mitzuwirken. Dazu gehört an erster Stelle die Dekarbonisierung der Wirtschaft: Die Transformationsbegleitung unserer Kunden ist dabei unsere vornehmlichste Aufgabe als Finanzinstitut. In der DZ BANK nehmen wir diese Aufgabe bereits seit vielen Jahren an unterschiedlichen Stellen wahr. Beispielhaft steht dafür die Unterstützung der Energiewende in Deutschland, bei der wir ein wichtiger Finanzierungspartner sind. Bereits seit längerem haben wir unsere Nachhaltigkeitsbemühungen zudem weiter intensiviert und alle Aktivitäten in einem eigenen Programm gebündelt. Rund 200 Kolleginnen und Kollegen arbeiten aktuell im ‚Weiterentwicklungsprogramm Nachhaltigkeit‘ an strategischen, regulatorischen sowie praktischen Fragen rund um das Thema Nachhaltigkeit in unserem Geschäft. Ziel ist es, dort erarbeitete Ergebnisse und Instrumente innerhalb der genossenschaftlichen FinanzGruppe nutzbar zu machen und Synergien zu schaffen.

 

Die Digitalisierung der Kundenschnittstelle sowie der Ausbau des Plattformgeschäfts sind weitere zentrale Bereiche, in die wir kontinuierlich substanziell investieren. Dazu haben wir beispielsweise kürzlich beschlossen, Kräfte gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie dem genossenschaftlichen IT-Dienstleister Atruvia in einer Forschungs- und Entwicklungsgesellschaft für digitale Geschäftsmodelle zu bündeln. Unsere genossenschaftliche FinanzGruppe hat damit in den vergangenen Monaten wichtige Weichen gestellt, deren Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Schließlich geht es darum, unser sehr erfolgreiches, breites Allfinanzangebot auch für die Zukunft kompetitiv und attraktiv zu gestalten. Über die dafür nötigen Ideen und Ressourcen verfügen wir. Es wird uns auch an Entschlossenheit nicht fehlen, die vor uns liegenden Aufgaben anzugehen und erfolgreich zu meistern.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Uwe Fröhlich
Co-Vorstandsvorsitzender
 
Dr. Cornelius Riese
Co-Vorstandsvorsitzender